„Porto-Novo ist die Hauptstadt von Benin“, weiß Wikipedia zu berichten. Weiter wird erläutert, dass Porto-Novo dennoch nur die zweite Stadt im Land ist, da das wirtschaftliche Zentrum und auch der Sitz der meisten Ministerien des Landes, die um einiges größere Stadt Cotonou ist.

Das war dann auch schon alles, was ich über beninische Städte wusste, bevor ich hier her kam. Ich würde wohl kein zweites Berlin vorfinden, aber mehr Vorstellungen wollte ich mir dann auch nicht machen, da es sowieso immer anders kommt „als wie man denkt“, wie ich zu sagen pflege. Jetzt bin ich mittlerweile mehr als 8 Monate im Land und kann behaupten, inzwischen einiges über das Leben in der Stadt sagen zu können. Inwiefern das Leben hier Hauptstadtcharakter hat, möchte ich im Folgenden etwas genauer beleuchten.

Kommt man in eine unbekannte größere Stadt, hat man zunächst zu keinem Zeitpunkt eine Vorstellung, wo man sich gerade befindet. Das trifft auch auf uns und Porto Novo voll und ganz zu! Erst Monate später habe ich herausgefunden, wohin wir bei einer unserer ersten Ausfahrten mit dem Pastor gefahren sind, um die Fotos für die Visa machen zu lassen. Was macht man also als vernünftiger Mensch? Einen Stadtplan besorgen? Fehlanzeige! Nicht einmal in der Touristeninfo haben wir einen solchen bekommen. Ein Touristenbüro ohne Stadtplan; ist das eine Hauptstadt? Diese Frage stellte sich wenige Minuten später nicht mehr, als wir wieder in den Verkehr eingetaucht waren. Man steht nicht Stoßstange an Stoßstange, wie in anderen Städten, was aber nicht daran liegt, dass nicht viel Verkehr wäre, sondern daran, dass es hier von Mopeds und Rollern nur so wimmelt, die nun mal keine Stoßstangen haben. Autos sind den Schönen und Reichen und ganz schön Reichen vorbehalten.

Wie bewegt sich also der Normalbürger fort und wie sieht es mit öffentlichen Verkehrmitteln aus? Sicherlich haben viele Menschen hier eigene Mopeds oder Roller. Ohne mich jetzt auf einen Prozentsatz festlegen zu wollen, würde ich sagen, dass diese Familien dennoch nicht die Mehrheit bilden. Wie kommt man dann von A nach B? New York ist für seine gelben Taxis bekannt und San Francisco für die Cable Cars. In London fährt man mit roten Doppeldeckerbussen und Tokio bewegt täglich 8 Millionen Menschen mit der U-Bahn. Mal ganz davon abgesehen, dass nach neusten Schätzungen demnach dreiviertel der Bevölkerung in Tokio jeden Tag mit der U-Bahn fahren könnten; was sind die Doppeldeckerbusse Porto Novos? Es sind die Blauhemden, die ZEMs oder auch Kekenos. So werden in den lokalen Sprachen hier die Motorradtaxis genannt, die einen für umgerechnet zwischen 15 und 60 Cent an jeden beliebigen Ort der Stadt bringen, solang man nur den Namen des Quartiers aussprechen kann.

Porto Novo hat also seine Doppeldeckerbusse und es ist gut, dass diese zweirädrig sind! So können sie nämlich wesentlich besser um die Schlaglöcher und durch die Pfützen manövrieren. Ein Londoner Doppeldeckerbus bräuchte hierfür mehr als das doppelte an Zeit. Der Ausbau der Straßen entspricht nämlich leider gar nicht dem einer Großstadt. Die wenigen geteerten und gepflasterten Straßen im Zentrum der Stadt, sind zum Teil löchrig wie ein Schweizer Käse und wenn man von den großen Straßen abfährt, muss man, zumindest während der Regenzeit, Slalom fahren und wenn man während eines Schauers unterwegs ist, auch die Hosen hochkrempeln. Wenn man sich anschließend die Schlammspritzer von Schienbeinen und Füßen abwäscht, glaubt man nicht, gerade auf den Straßen einer Hauptstadt unterwegs gewesen zu sein. Dieses Gefühl wird dadurch verstärkt, dass außerhalb des Zentrums nicht nur die Straßen unbefestigt sind, sondern auch der Charakter allgemein ländlicher wird. Hohe Gebäude gibt es sowieso nur wenige. Außerhalb des Zentrums allerdings dominieren kleine, einstöckige Häuser in großen Höfen das (Stadt-) Bild.

Zudem wimmelt es von Tieren auf den Straßen. Überall scharren Hühner mit ihren Küken herum, man sieht freilaufende Hunde und Ferkel herumtollen. Kühe stehen angebunden am Wegrand und Ziegen liegen schlafend im Schatten der Bäume. Hier verlässt einen das Gefühl wieder, in der Großstadt zu sein. Inwiefern unterscheiden sich die äußeren Bezirke einer Stadt also überhaupt vom Land? Ganz entscheidend!

In der Stadt gibt es keine Selbstversorger. Auch wenn es auf den Straßen von Tieren wimmelt und viele in kleinem Stil Kleintieraufzucht betreiben, kann man damit niemanden ernähren. Und aufs Feld geht man hier auch kaum, im Gegensatz zu unseren Mitfreiwilligen aus dem Norden, die durchaus schon von Feldarbeit erzählt haben. Wenn überhaupt sieht man in den Randbezirken einmal ein paar Quadratmeter Mais stehen.

In der Stadt kann man eben alles kaufen. Auf den großen Märkten kann man wirklich so ziemlich alles finden, wenn man nur weiß, wo man suchen muss. Nicht nur Lebensmittel, sondern auch alle möglichen Produkte für den alltäglichen Bedarf und Luxusartikel werden hier verkauft. Vieles davon ist allerdings, zumeist aus Asien, importiert, was die miese Außenhandelsbilanz Benins sehr schnell deutlich macht.

Aber allein die Verfügbarkeit macht deutlich, dass man sich eben doch in der Stadt befindet. Es bleibt also jedem selbst überlassen, ob er die Lebensweise als Stadtleben bezeichnen würde, wenn man schon in größeren westlichen Städten war. Mir reicht es jedenfalls, meistens zuverlässiges, wenn auch langsames, Internet zu haben und das Championsleaguefinale in einer kleinen Bar angucken zu können, wenn uns kein Gewitter einen Strich durch die Rechnung macht. Egal aber, wie man das Stadtleben in Porto-Novo auch wahrnimmt, die Metropole bleibt nach wie vor Cotonou, wie mir neulich wieder bewusst geworden ist, als ich nach längerer Zeit mal wieder dort war und die vielen mehrstöckigen Häuser, Banken, Ministerien und westlich gekleideten Leute gesehen habe.

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