Seit 2014 arbeitet Kinderhilfe Westafrika im Rahmen des weltwärts-Programmes in Partnerschaft mit einem Waisenhaus in Mougnon, einem Dorf im Südwesten Benins. Im September wurden Anna und Sarah als erste Freiwillige an diese Einsatzstelle geschickt.


Hier ein Bericht von Anna:
Das Waisenheim „Centre Tabitha Dorcas“ wurde von dem Pastor Ernest Ahouignan und seiner Frau Florentine Ahouignan gegründet. Momentan leben 25 Kinder im Heim, weitere 20 werden in Gastfamilien unterstützt. Diese Zahl variiert allerdings beinahe täglich. Manche Kinder kamen von selbst, da sie von dem Heim gehört haben, andere werden von ihren Verwandten gebracht und wieder andere werden auch vom Sozialamt geschickt. Es sind hauptsächlich Kinder zwischen 2 und 17 Jahren, die entweder Vollwaisen sind oder noch einen lebenden Elternteil haben, der sich aber finanziell nicht um seine Kinder kümmern kann.

Unsere Aufgabe im Heim besteht darin, die Kinder zu beschäftigen. Wir erzählen Geschichten, machen zusammen Musik und Spiele, schauen Fotos oder Filme, tanzen oder machen Sport mit ihnen. Auch in der Schule brauchen sie oft unsere Hilfe, da sie sehr schwierige Hausaufgaben aufbekommen, bei denen sogar wir uns manchmal schwertun. Außerdem verwalten wir auch die Medikamente des Heimes und geben Ratschläge, was bei welchen Verletzungen und Krankheiten zu tun sei, damit sie nicht immer gleich zu den Medikamenten greifen.

Auch versuchen wir, sie ein wenig aus dem Heim rauszubekommen, indem wir regelmäßig nach Abomey, der nächstgelegenen Stadt fahren, auf den Markt und zum Schwimmen in ein Hotel ganz in der Nähe, das von einem Franzosen geleitet wird und wo wir kostenlosen Eintritt haben. Wir versuchen auch, ihnen unsere Kultur ein wenig näher zu bringen. Zum Beispiel kochen wir einmal im Monat ein europäisches Gericht, schauen Fotos von Deutschland an oder Kinderzeichentrickfilme.

Der Geburtstag von jedem Kind wird gefeiert mit einem kleinen Geschenk und der, der seinen Geburtstag nicht wusste, durfte sich kurzerhand einen würfeln. Außerdem ist es uns wichtig, dass Kontakte außerhalb des Heimes geknüpft werden, mit Menschen, die die gleichen Erfahrungen gemacht haben wie sie. Wir haben den Kontakt zu einer Waisen hergestellt, die mit ihrem Freund Programme für Waisenkinder macht, zum Beispiel auch zum Umgang mit Müll und dessen Verwertung (es gibt in Benin ja keine Müllentsorgung). Es sind 2 Künstler, die wunderbar mit den Kindern umgehen können und tolle Sachen mit ihnen produzieren, die letztendlich auch noch verkauft werden können.
Auch die „enfants placés“ sind nicht selten in Benin. Sie werden entweder von einem Familienteil zum Nächsten geschoben, oder, im ernsteren Fall, wird ihnen eine Ausbildungsstelle in einer entfernten Stadt versprochen. Wenn sie dort eintreffen, erwartet sie aber nur Ausbeutung und Misshandlung. Dazu eine kleine Geschichte: Dieses Jahr erhielten wir ein neues Kind aus Togo, das nach Benin kommen sollte zum Arbeiten. In der ganzen Zeit, die es schon in Benin verbrachte (über die Hälfte seines Lebens), erfuhr es aber nur Zurückweisung und Gewalt. Es musste arbeiten für eine Familie und Geld einbringen, von dem es aber nichts erhielt. Schlussendlich landete es hier bei uns im Heim. Es war ein Mädchen, das nicht einmal einen Namen hatte. Bis jetzt nannten sie alle „das Mädchen, das dem Voodoo anvertraut ist“. Sie durfte selbst ihren Namen wählen als sie bei uns ankam und nannte sich Rebecca. Sie hatte nie eine Schule besucht, spricht also kein Wort Französisch, aber dafür fließend Fondgbe, die hier gesprochene Sprache. Bald darf sie eine Ausbildung beginnen (sie wählte Schneiderin), auf die sie schon so viele Jahre hofft.
Ein auch leider sehr weit verbreiteter Fall, ist die Hexenanklage. Viele Kinder werden von ihren Familien verstoßen, weil sie anscheinend Unglück über die Familien bringen. Sie haben Glück, wenn sie nur auf die Straße gesetzt und nicht getötet werden. Ein Kind, Estelle, wird bis heute von ihren Familienmitgliedern verfolgt, da sie ein Neugeborenes mit ihrer Macht getötet haben soll. Einmal ist sie nur knapp dem Tod entkommen. Die Kinder leben zusammen, bis zum jetzigen Zeitpunkt in einem kleinen Haus, mit uns Freiwilligen. Sie haben 2 Zimmer, in die sie aber nicht alle reinpassen, weswegen sie auch oft im Vorraum oder in der Trockenzeit draußen auf Stoffen schlafen. Vor einer Weile wurde eine Köchin eingestellt, die sich auch tagsüber um die Kinder kümmert. Sie ist selbst eine Witwe und hat 3 Kinder im Waisenheim. Die meisten Kinder, die ins Heim kommen, werden wieder zurück an die Schule geschickt, um sie zu beenden, manche aber, die noch nie eine Schule besucht haben und schon zu alt sind, beginnen sofort mit einer Ausbildung als Schneiderin oder Friseurin.
Das Schöne ist, dass in unserem Heim theoretisch nicht geschlagen wird. Ernest ist der Meinung, dass die Kinder schon genug schlimme Dinge in ihrem Leben erfahren mussten und schon oft genug geschlagen wurden, weswegen man sie nicht noch mehr traumatisieren sollte. Das Heim hat Strom und einen Brunnen, bald jedoch, wenn das Haus auf dem neuen Grundstück erbaut ist, werden sie umziehen – das wird die jetzige Generation von Freiwilligen aber nicht mehr mitbekommen